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Artikel: Gangpferde

Gangpferde

Gangpferde

Klar, was man sich unter einem Pferd vorzustellen hat, weiß jeder Laie. Aber was genau ist denn ein Gangpferd? Hat nicht jedes Pferd Gänge?

Natürlich hat jedes Pferd Gänge, allerdings besitzt ein Gangpferd mehr Gänge als Pferde anderer Pferderassen. Außer Schritt, Trab und Galopp gesellen sich noch meistens zwei weitere Gangarten dazu. Viele Gangpferde weisen als vierte Gangart den Tölt auf, eine Gangart, die sehr weich zu sitzen ist und kaum Erschütterungen verursacht. Aus diesem Grund reden viele auch von dem "Sofagang". Allerdings unterscheiden sich die Bezeichnungen und auch die Gangbilder von Gangpferden, je nachdem, um welche Pferderasse es sich handelt.

Die wohl bekannteste der Pferderassen unter den Gangpferden sind die Islandpferde. Islandpferde kommen aus kargen Verhältnissen und sind in ihrer ursprünglichen Form zähe, kleine Pferdchen, die kein Problem haben, auch schwerere Männer trotz ihrer geringen Größe von circa 1,30 - 1,45 Metern über längere Strecken ohne Ermüdung zu tragen. Deswegen werden Islandpferde oft als Gewichtsträger beschrieben. 

Die Gangarten vom Islandpferd werden als Tölt und Pass bezeichnet. Der Rennpass wird aus dem Galopp entwickelt und in einem sehr hohen Tempo geritten. Es scheint, als würde ein Pferd im Rennpass kaum den Boden berühren, es fliegt buchstäblich über den Boden. Diese Pferdegangart ist eine häufige Fehlerquelle, denn ist ein Islandpferd verspannt, so neigt es dazu, einen kurzen, abgehackten Pass zu gehen, der als Schweinepass bezeichnet wird. 

Das töltende Islandpferd soll immer einen klaren Viertakt gehen. Viele Islandpferde verschieben diesen Viertakt allerdings, entweder zum Trab (Trabtölt) oder zum Pass (Passtölt). Diese Gangarten vom Islandpferd sind allerdings nicht gewollt, wohingegen andere Gangpferderassen Verschiebungen akzeptieren oder zum Teil auch fördern.

Auch der Paso Fino, welcher fernab von Island lebt, geht einen Viertakt. Die Hauptzuchtgebiete des Paso Finos sind Kolumbien, Puerto Rico und die USA. Der Paso Fino besticht durch sprühende Lebenskraft und Temperament, weist jedoch auch eine enorme Sensibilität und Arbeitswillen auf. Wird ein Paso mit iberischem Blut gekreuzt (mit einem Andalusier oder Lusitano), so entsteht ein Paso Ibero-Americano. Diese Pferde sind vielversprechende Reitpferde mit Gangpferdeveranlagung, großrahmige Tölter mit stabilem Fundament, viel Raumgriff und einem leistungswilligen Charakter. 

Auch einige reinrassige Andalusier verfügen über Extragänge, sodass eine Einkreuzung von iberischen Pferden in die Pasozucht vielversprechend ist.

Aber auch Amerika brachte einige leistungswillige Gangpferde hervor. Der Tennessee Walker wird seit Anfang des 19. Jahrhunderts in den Südstaaten der USA gezüchtet und erfreut sich auch in Deutschland wachsender Beliebtheit. Der Tennessee Walker ist sehr bequem auch über lange Strecken zu reiten und hat einen freundlichen, menschenbezogenen Charakter. Bei einer Größe von 1,50 - 1,60 Metern ist er aufgrund seines Charakters ein Pferd für ängstliche Reiter oder Anfänger. Die typische Gangart dieser Pferde ist der Walk, den man sich als enorm raumgreifenden, schnellen Schritt vorstellen muss. 

Der töltende Traber ist in Deutschland beheimatet. Erst 1996 wurde dieser offiziell als Rasse anerkannt. Seit Anfang der Siebzigerjahre nutzt man die Gangbegabung dieser Pferde, um ein töltendes Reitpferd auszubilden. So ist es gangpferdeerfahrenden Menschen oft möglich, einen Traber, der zu langsam für die Rennbahn ist, in ein sehr bequemes Reitpferd zu verwandeln. Mittlerweile wird jedoch nicht nur ausschließlich für die Rennbahn gezüchtet, sondern gezielt auf Gangpferdequalitäten. 

Der Ursprung von Gangpferden wird in der Mutation von englischen Pferden gesehen. Nach dem jetzigen Stand der Forschung trafen Wikinger im mittelalterlichen England auf Wildpferde, die diese Mutation zur Gangveranlagung aufwiesen, und brachten die Wildpferde mit nach Island. Die Wikinger erkannten den Wert dieser Pferdegangart und legten so den Grundstein für die Gangpferdezucht. 

Und dafür sind wir ihnen dankbar. Es entstand über die Zeit ein vielfältiger Gangpferdekosmos, der neben den bereits erwähnten Pferderassen das elegante American Saddlebred, den zähen Mangalarga Marchador, die ausdauernden Missouri Foxtrotter und die unermüdichen Rocky Mountain Horses hervorbrachte.

 

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