Natural Horsemanship – eine Einstellung, die jedes Pferd versteht
Jeder hat schon einmal davon gehört: Natural Horsemanship. Seit den einschlägigen Veröffentlichungen von Pat Parelli nimmt der Hype mit dem wedelnden Seilchen kein Ende mehr. Tatsächlich ist es weit mehr als das Schwingen mit einem Stick.
Die Arbeit von einem Pferdeflüsterer beginnt sobald sein Blick über die Koppel schweift, der Fuß den Stall betritt oder er das Schnauben seines Pferdes hört. Eine zauberhafte Verbindung liegt in der Luft und Du spürst sofort, hier ist etwas anders. Aber was?
Gerne bieten wir dir einen kleinen Einblick in das Natural Horsemanship. Vielleicht kommst Du auf den Geschmack und nimmst für Dich und Dein Pferd ein paar Tipps für Eure gemeinsame Zeit mit.
Was ist überhaupt Natural Horsemanship?
Horsemanship ist eine Denkweise, eine Lebenseinstellung sowie ein Gefühl das pferdisch Richtige auf natürliche Art zu tun. Es ist kein Trainingsprogramm für Pferde, auch wenn es viele tolle Horsemanship Übungen gibt. Das Training und spezielle Techniken werden nach den Bedürfnissen des Tieres angepasst.
Das Wohlergehen des Pferdes steht immer an erster Stelle. Es ist vielmehr ein Beobachten und Wahrnehmen von Seiten des Menschen (das Pferd tut das ohnehin ständig) und eine gemeinsame Entwicklung in die richtige Richtung für beide.
Gerade für ein Problempferd der richtige Ansatz!
Das richtige Horsemanship Equipment
Mittlerweile bietet jeder Pferdetrainer seine spezielle Arbeitsausrüstung an. Ebenso findest Du in Reitsportgeschäften bereits eine kleine Auswahl an diversen Hilfsmitteln. Dabei variiert die Spanne des Preises erheblich. Ist dann noch der Name des bekannten Pferdeflüsterers versehen, bist Du schnell mal eben einige Scheinchen ärmer. Was nicht heißen soll, dass diese Gegenstände schlecht sind. Im Gegenteil, diese Ausrüstung ist meist gut durchdacht. Zum Beispiel sind viele Seile der Profis aus robuster Yachtleine mit sogenanntem "lebendem Innenkern" gefertigt. Dieser Kern ermöglicht eine ganz präzise Kommunikation mit dem Pferd. Jede noch so kleine Regung Deiner Hand lässt den Impuls über das 4 m Seil (Rope) bei Deinem vierbeinigen Partner ankommen.
Probiere es doch mal mit einer Freundin aus! Jeder hält ein Ende und nur einer schüttelt ganz sachte am Seilende. Du wirst verblüfft sein über diese Wirkung.
Was benötigen wir noch?
Ein anschmiegsames Knotenhalfter und ein Horsemanship Stick (120 cm) sind wichtig.
Beim "Knoti" ist darauf zu achten, dass es passgenau gekauft, richtig angelegt und sorgsam benutzt wird. Bei unsachgemäßer Handhabung kann es sehr scharf wirken! Anleitungen zum korrekten Anlegen des Halfters findest Du im Netz. Ein Video kann Dir dabei eine gute Hilfe sein!
Der oben erwähnte Stick wird auch "Carrot Stick" genannt. Er hat üblicherweise eine orangene Farbe (wie eine Karotte) und ein Seilchen (Savvy String = 180 cm) am Ende. Dieser Stick ist die perfekte Verlängerung Deines Armes und Du kannst dem Pferd viele Signale besser verdeutlichen. Beispielsweise es auf Abstand loben oder Deine persönliche Zone schützen.
Mit speziellen Horsemanship Equipment können wir uns einfach noch verständlicher machen. Das Pferd versteht diese Art der "Unterhaltung" sehr gut. Über Körperhaltung zu Stick, Rope und Knotenhalfter werden die Signale vom Pferd sehr fein aufgenommen. Es entsteht ein toller, anschaulicher bis fast unsichtbarer (bei Profis) Dialog zwischen Mensch und Tier.
Horsemanship Übungen, die jeder lernen kann!
Der bekannte Pat Parelli hat verschiedene Übungen zusammengestellt. Er nennt sie die sieben Spiele. Diese können in unterschiedlichen Levels (Schwierigkeitsstufen) mit dem Pferd praktiziert werden.
Die sieben Spiele setzen sich wie folgt zusammen:
- Friendly Game (Freundschaftsspiel)
- Porcupine Game (Stachelschweinspiel)
- Driving Game (Fahrspiel)
- Yoyo Game
- Circling Game (Zirkelspiel)
- Sideway Game (Seitwärtsspiel)
- Squeeze Game (Engpassspiel)
Anfänglich ist die Bodenarbeit mit dem Pferd maßgeblich. Sie bildet eine solide Basis und bereitet das Pferd auf die Arbeit im Sattel vor. Alle der genannten Spiele können demnach als Bodenarbeit mit Pferd "erspielt" werden und sich immer weiter steigernd (z. B. erst auf dem Platz, dann im Gelände oder mit Zugabe von Hindernissen wie Tonnen etc...) bis in den Sattel fortsetzen.
Parelli gibt Dir quasi einen Leitfaden mit auf den Weg, der das Natural Horsemanship so verfeinert hat.
Selbst ein Problempferd (leider meist ein von Menschenhand gemachtes!) findet sich nach kurzer Zeit mit diesen, auf natürlichem Pferdeverhalten basierenden, Interaktionen zurecht.
Bodenarbeit bringt das Pferd wieder zu den Anfängen. Schließlich versteht es diese und kann sich dann auf unsere berechenbaren Handlungen einlassen. Als Pferdeflüsterer wird zudem akzeptiert, dass vorbelastete Tiere Zeit und Geduld brauchen.
Wo kann ich das lernen?
Wir müssen Parelli durchaus dankbar sein. Er lässt uns an seiner Offenbarung teilhaben und das nicht nur anhand von den umfangreichen Kursen seiner ausgebildeten Instruktoren (z. B. Berni Zambail).
Bücher, DVDs, öffentliche Videos und schließlich das ganze Netzwerk des Internets erleichtern uns die Kontaktaufnahme mit Natural Horsemanship. Denn tatsächlich ist diese Art der Pferdekommunikation "Learning by doing".
Ein echter Pferdeflüsterer ist schließlich nicht vom Himmel gefallen.
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Es folgt ein Gastbeitrag zum Thema "Natural Horsemanship" von Sarah Brummer
Was bedeutet Natural Horsemanship für mich?
Der Mensch darf lernen die Natur des Pferdes zu schätzen. Das bedeutet er darf lernen das Wesen, den Charakter, die Grundbedürfnisse des Pferdes zu erkennen und an erster Stelle darauf einzugehen.
Die ganzheitliche Betrachtung des Pferdes und des Menschen wird geschult.
Wird ein Teil des Ganzen nicht beachtet, so kann es zu Störungen des Gleichgewichts kommen.
Im Einklang mit der Natur Pferd zu sein, seine persönliche Balance zu finden, sich lernen zu zentrieren ist das Ziel.
Bereiche mit denen man sich als Pferdebesitzer auskennen lernen darf, bzw. Spezialisten an die Seite holen sollte, sind:
- Verhaltenslehre
- Haltung
- Fütterung
- Hufbearbeitung
- Zahnbehandlung
- Bewegungslehre
- Anatomie
- Equipmentkunde
- Physiotherapie
- Zuchtziele
- Rassen
- ...etc.
In meinen Augen kann eine wahrhaftige Partnerschaft mit dem Pferd erst entstehen, wenn wir uns als Menschen bemühen, so viel wir können mit dem Freund Pferd und seinen Themen auseinander zu setzten und gewillt sind uns permanent weiterzuentwickeln.
In einer Naural Horsmanship Unterrichtseinheit lernt der Mensch sich seiner selbst, durch die Unterhaltung mit dem Pferd, bewusst zu werden. Der Mensch lernt Bewegungen, mit denen er sich dem Pferd verständlich machen kann. Der Mensch lernt empathisch zu sein, das Pferd in jeder Sekunde zu erkennen und daraufhin abhängig je nach Situation, zu agieren.
Das Ziel bei jeder Unterhaltung ist die Entspannung und das daraufhin gegenseitige Öffnen.
Denn erst durch gegenseitige Entspannung können Pferd und Mensch denken und lernen.
Pferde und Menschen haben verschiedene Möglichkeiten auf Unsicherheiten in der Konversation zu reagieren.
Wir können in folgende Verhaltensmuster fallen:
- Angriff / Selbstverteidigung
- Flucht
- Totstellen / Erfrieren
- Blockieren
- Auseinandersetzung und diskutieren
Das letztere Auseinandersetzten und Unsicherheiten klären ist das Ziel. Denn erst wenn wir mit einander Reden, können wir eine nachhaltige Partnerschaft aufbauen.
Wir als Menschen haben die Aufgabe dem Fluchttier Pferd die Menschenwelt zu erklären.
Herzlichst,
Sarah Brummer
Wir möchten uns an dieser Stelle ganz herzlich bei Sarah für diesen tollen Gastbeitrag bedanken.
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